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Arme Leute? Heuerlingswesen; Leinengewebe und Wanderarbeit im 19. und 20. Jahrhundert
10. Juni 2018 - 22. Dezember 2018
Der Raum Bielefeld gehörte seit dem späten 18. Jahrhundert zu den am dichtesten besiedelten Gebieten Westfalens. Die gleichzeitig besonders hohe Zahl armer Familien bedeutete, dass auf den Bauernhöfen, die ihren Lebensunterhalt durch die Herstellung von Agrarprodukten bestritten (und meist davon sehr gut leben konnten), eine große Zahl von Miets- bzw. Heuerlingshäusern entstand. Hierin wohnte die besitzlose Bevölkerung als Mieter, die je nach individueller Vereinbarung ihre Miete, die „Heuer“, durch Arbeitsleistung beim Bauern oder durch Geldzahlung erbrachte. Diese Menschen fanden ihr Auskommen weniger in der Landwirtschaft, sondern vielmehr im der Herstellung von Textilien aus Leinen, dem „Leinengewerbe“. Aus vor Ort angebautem Flachs produzierten sie gröberes und feineres Leinen – besonders in Heepen, Jöllenbeck und Schildesche. Fast alle dieser Leinenproduzenten waren Heuerlinge. Ihre Textilerzeugnisse wurden in weite Teile Europas und darüber hinaus exportiert. Für die damalige Zeit waren viele dieser ärmeren Menschen sehr mobil. Sie verdingten sich als Wanderarbeiter, zunächst nicht selten in Holland, später beim Bergbau im Ruhrgebiet. Besonders in den Jahrzehnten nach der aus ihrer Sicht gescheiterten „Revolution“ von 1848 wanderten viele nach Amerika aus.